Trollwelt
  Schicksale
 
 


 

Sie sitzt da und denkt an die Zeit, als die Kinder noch klein waren. Es war eine sehr schöne aber sicher nicht leichte Zeit. Das Gehalt aus dem Vollzeitjob der Alleinerziehenden reichte gerade fürs nötigste und immer kamen zuerst die Kinder, wenn es um neue Anschaffungen ging.


 

Irgendwann darfst du nur an dich denken“ so dachte sie oft. „Sind erst die Kinder aus dem Haus, wirst du es besser haben“ Keine gebrauchte Kleidung, Schuhe die mal länger als eine Saison halten, ein Sofa ohne Schokoladeflecken, keine klebrigen Marmeladelöffel auf dem Tisch, kein „das mag ich nicht“, kein „Sandkasten“ mehr in den Kinderschuhen der dann auf dem Teppich entleert wird. Nie mehr Masern, Windpocken, Mumps, Durchfall oder einfach nur Rotznase.

Nie mehr herzhaftes lautes Kinderlachen, kein bettelndes „Maamiii“, nie mehr drei Kinder im eigenen Bett, so daß man aufs Sofa ausweichen muß, keine selbstgebastelten Geschenke mehr, keine undefinierbaren Kindergemälde, kein Osternestsuchen im Wald und nie wieder so strahlende Gesichterchen wie zu Heiligabend. Keiner hört mehr zum xten Male die Pumuckl-Hörspielkasette oder 5 Freunde.

Nein, die Vergangenheit kann man nicht zurückholen, sie bleibt was sie ist – Vergangenheit.

Alles würde sie wieder so machen, genau so. Niemals würde sie tauschen wollen mit jemanden, der nie Kinder hatte. Diesen Reichtum an „Leben“ und Erfahrungen bekommt man sonst nirgends geboten.


 

Inzwischen sind die Kinder aus dem Haus,sie war einige Male in Skandinavien (da hatte sie noch einen guten Job) das Sofa hat keine Schokoladeflecken dafür jede Menge Hundehaare und der Teppich gleicht immernoch einem Sandkasten – der Hund wars. Die Schuhe halten nicht einmal mehr eine Saison und die Kleidung ist meist gebraucht. Die Wohnung ist nun eine kleinere aber sehr kalt, weil der Gaspreis so gestiegen ist bleibt der Ofen auf „klein“. Lebensmittel mit abgelaufenem Verfallsdatum bekommt sie von einer ganz lieben Seele geschenkt, welche diese auch geschenkt bekommt. Der jetzige Vollzeitjob reicht nicht mal mehr fürs Nötigste, dem Gerichtsvollzieher könnte sie eigentlich gleich auf Dauer den Wohnungsschlüssel überlassen. Hundefutter ist ebenfalls eine Spende von der lieben Seele und die letzte Impfung gab es umsonst von einem mildtätigen Tierarzt. Ihren Schmuck den sie aus Liebe bekam, von dem einzigen Mann, den sie wirklich sehr liebte, hat sie verkauft. Viel Hab und Gut ist nicht da – war nie da. Die Wohnung wäre renovierungsbedürftig und die Hundesteuer ist fällig. (gibt wieder eine Mahnung) Eine neue Brille wäre sehr nötig – die Sehkraft hat sich verändert. Und zum Zahnarzt geht sie gar nicht erst, das wäre der Ruin. Sie rutscht immer tiefer und das nur, weil sie einen extrem schlecht bezahlten Job hat und vor ihrer davor liegenden Arbeitslosigkeit nicht mit ihren Schulden fertig wurde.

Ihr einziger Fehler: Sie ist zu alt für die meisten Arbeitgeber.

Viele ihrer Freunde kennen ihre wahre Situation gar nicht, weil:

  1. sie sind mit ihrer eigenen Situation zu sehr beschäftigt,

  2. sie können nicht zuhören, oder wollen nicht zuhören,

  3. sie ignorieren,

  4. es geht ihnen so gut, daß sie sich nicht vorstellen können, daß es auch andere Lebenssituationen gibt.

     

Und nun sitzt sie da und denkt darüber nach, ob das Leben überhaupt noch einen Sinn hat. Dabei krault sie ihren Hund, der ihr zuhört und sich ganz nah an sie drückt.

Und irgendwo hat sie gelesen, daß arme Leute doch wohl besser kein Haustier haben sollten............dabei ist er der einzige Halt den sie noch hat.

Ihre Wünsche:

Nachts durchschlafen, kein Hochschrecken aus Alpträumen von gepfändetem Konto, gesperrtem Strom usw.

Einen Job der ihr ein menschenwürdiges Leben ermöglicht.

Anständige gute Schuhe.

Zu Weihnachten wieder Gänsebraten.

Noch einmal nach Skandinavien.


 

 
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